„Nach 200 m rechts abbiegen“

Woher weiß das Navi wo es ist?

Das Problem der Navigation ist so alt wie die Menschheit, mussten doch schon unsere Vorfahren nach ihren Streifzügen in ihre Höhlen zurückfinden. Doch nie war das Heimkommen einfacher als heute: Beinahe jedes Fahrzeug wird heute von einem Navigationsgerät ans Ziel geleitet. Für eine gelingende Navigation ist allerdings grundsätzlich das Wissen um den eigenen Standort unerlässlich. „Satellitennavigation“ oder kurz GPS heißt hierfür das Zauberwort, doch kaum einer der vielen Nutzer kann deren Funktionsweise hinreichend genau beschreiben.

Das GPS ist inzwischen so weit verbreitet, dass es kaum noch jemanden gibt, der es nicht nutzt. Ein GPS-Empfänger ist in jedem Mobiltelefon eingebaut, über 90 % der Autofahrer lassen sich GPS-gestützt von einem Navi ans Ziel leiten, die Flotten der Speditionen und die Zustellfahrzeuge der Versanddienstleister sind mit GPS ausgestattet, so dass die Firmenzentralen einen lückenlosen Überblick über die Standorte ihres Fuhrparks haben. Landwirte bestellen ihre Felder mit dem GPS, an jedem Bagger ist ein GPS angebaut, um Baumaßnahmen zentimetergenau ausführen zu können. Da liegt doch eigentlich die Frage nahe, wie denn diese Technik funktioniert?

Dr. Helmut Albrecht, seit 20 Jahren Professor für Mathematik und Didaktik an der Pädagogischen Hochschule in Schwäbisch Gmünd, ist den Grundlagen der Satellitennavigation auf den Grund gegangen. Nicht nur, weil er von Haus aus neugierig ist und bereits als Fünfjähriger zum Leidwesen seiner Mutter deren Wecker zur Erkundung dessen Funktionsweise zerlegt hat und er nun auch die Interna moderner Navigationsgeräte erfahren wollte. Ein wesentlicher Grund war in der häufigen Frage seiner Studierenden begründet, die immer wieder wissen wollen, wofür man denn all die an der Schule und Hochschule gelehrte Algebra, Analysis und Geometrie denn tatsächlich benötigt. Nicht zuletzt ist Albrecht in seiner Freizeit als Privatpilot in Segel- und Motorflugzeugen unterwegs. Und als ab etwa 1995 die ersten Satelliten-Navigationsgeräte Einzug in die Cockpits hielten, begann er, sich mit den Grundlagen dieser Technik auseinanderzusetzen. Dabei wurde schnell deutlich, dass für ein wirkliches Verstehen der Funktionsweise die mathematischen Grundlagen allein nicht ausreichend sind.

Es dürfte allgemein bekannt sein, dass zur Positionsbestimmung auf der Erde die Entfernungen zu den Navigationssatelliten herangezogen werden. Da ist zunächst zu fragen, wie denn Positionen von Satelliten auf den Meter genau bestimmt werden können, die sich mit einer Geschwindigkeit von knapp 4 Kilometern pro Sekunde bewegen? Und wenn man den Satellitenort kennt, wie kann dann die Entfernung zu diesem Satelliten in derselben Genauigkeit gemessen werden, wenn dieser über 20.000 km entfernt ist? Allein das amerikanische NAVSTAR-System, das wir im Alltag kurz mit GPS bezeichnen, betreibt 32 Satelliten im All und alle senden auf ein und derselben Frequenz. Wie schafft es ein GPS-Empfänger trotzdem, jeden einzelnen Satelliten „zu verstehen“? Wieso haben die Satelliten mehrere Atomuhren an Bord und wie funktioniert eine Atomuhr? Warum taugt die Vorstellung der Erde als Kugel nicht für eine exakte Positionsbestimmung? Warum muss letztlich sogar Einsteins Relativitätstheorie berücksichtigt werden? Diese und weitere Probleme im Zusammenhang mit der Satellitenortung sollen im Vortrag in unterhaltsamer Form erläutert und damit die Frage beantwortet werden, woher denn ein Navi weiß, wo es ist