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Den
Charme dieses Vorortes von Heidenheim muß jeder selbst entdecken.
Es lohnt aber, sich die Mühe zu machen! Leider hat der Ausbau der B 19 die Seele Schnaitheims zerrissen. Auf der Strecke blieben die alte Apotheke, das Spritzenhaus, eine Arztpraxis, das Gasthaus zur Hohen Schule und das Haus Kapellstr. 3. Das war meiner Meinung nach ein schönes Wohnhaus. Mitten in der Fassade zog sich ein Erker vom 1. Stock hoch bis in den 2. Stock. Im Erdgeschoß wohnte früher die Hebamme Greiner. Später, nach dem Krieg, hat der Juwelier und Uhrenmacher Kunze sein Geschäft dort eingerichtet. Im ersten Stock wohnte Schulwirts Frieda mit ihrem Ehemann. Oben im zweiten Stock war über längere Zeit der "Serre" mit seiner Frau zu Hause. Der Serre: Wer kennt ihn nicht, den bekanntesten Schnaitheimer Handballspieler Werner Spahr?
Mit der Zeit hat sich eine neue Ortsmitte gebildet, die man einfach akzeptieren muß, weil sie gelungen ist. Um das Rathaus in Schnaitheim tut sich immer einiges. Wenn nun noch der letzte Bauabschnitt vollendet sein wird, hat das Ganze ein Gesicht. Schon heute trifft man sich um das Rathaus zum Dorffest, oder zur feierlichen Aufstellung des Maibaumes. Den Schnaitheimer Geschäftsleuten und den Vereinen muß man Achtung zollen ob dieser gut gelungenen Veranstaltung.
Der Ort ist fast ringsum von kahlen
oder bewaldeten Bergen umgeben.
Nach Süden hin öffnet sich ein Tal, die Seewiesen. Die Brenz fließt
dort gemächlich in Richtung Süden. Die bauliche Verbindung mit Heidenheim
wurde in den letzten ca. 20 Jahren vollzogen.
Hinter der Katholischen Kirche in Schnaitheim haben Mitglieder der Seniorenakademie
Heidenheim, unter Federführung von Herrn Zag, den Sonnen- und Zeitpfad
eingerichtet. Die Stadt Heidenheim ermöglichte dieses Vorhaben und einige
hier ansässige Betriebe trugen zur Verwirklichung bei.
Wollen Sie den Sonnen- und Zeitpfad unter sachkundiger Führung besichtigen,
so melden Sie sich im Verkehrsamt Heidenheim, Elmar Doch Haus, in der Fußgängerzone,
an.
Östlich von Schnaitheim führt
die Kapellstraße hinaus ins Möhntal, an der "Sasse" vorbei - eine
kleine, aber feine Theaterbühne. Rechts der Sturz mit südlich angrenzendem
Moldenberg; östlich weiterführend vom Sturz, die Winterhalde. Links
vom Möhntal Wolfsbühl die Sommerseite, die eine Weiterführung
vom Kelzberg ist.
Schwer zugänglich allem Fremden
gegenüber, haben sie dich mal ins Herz geschlossen, dann bleibt das auch
so - also treu. Etwas derben Humor, "gnitz" und voll Mutterwitz. Fleißige
Tüftler, auch in kleinen Dingen ehrlich, keineswegs verstohlen! "Keller
voller Diebesgut" habe ich nie entdeckt!
"Was a rechter Schnoidemer isch, der hat a Mauge". Etwa in einer Kellerecke,
unter der Treppe, oder in der Hütte. Da kann man alles finden was man braucht,
um den Alltag zu bewältigen.
Ich kann mich erinnern an die Zeit im Krieg und danach. Man bekam in den Geschäften
nichts von den Dingen die man brauchte, z. B. um das Fahrrad zu reparieren,
oder Schuhe zu besohlen, auch Kochtöpfe mußten gelötet werden
usw. Da war es ganz normal, daß man sich so gut es ging selbst behalf.
Sollte ein Gegenstand unbrauchbar geworden sein, z. B. ein Fahrrad, so wurde
es nicht weggeworfen. Es wurde in kleinste Einzelteile zerlegt und die Schräubchen,
Muttern, Felgen, Speichen, Fahrradschläuche und -mäntel sortiert aufgehoben
- auch wenn die Einzelteile nur zum Tausch, oder für die Kinder zum Spielen
geeignet waren. Nichts blieb auf der Straße liegen, ein rostiger, krummer
Nagel z.B. wurde gerade geklopft und bis zur Weiterverwendung in der ausgedienten
Konservendose aufbewahrt.
Heutzutage trifft man diese findigen,
fleißigen Menschen im Baumarkt. So hat die "Mauge" immer noch ihren Sinn.
"Ma woiß nia, wia mas mal braucha ka."
Das finde ich, ist eine liebenswerte Eigenschaft, etwas kauzig vielleicht, aber
sympathisch.
Schnaitheim, das eine ältere
Geschichte hat als Heidenheim, wurde 1910 von Heidenheim eingemeindet. Als Brautgeschenk
bei dieser Hochzeit bekam die Gemeinde Schnaitheim den Mittelrain, der bis dahin
zur Gemarkung Heidenheim gehörte.
Das große Erwachen kam für die Schnaitheimer, als sie an einem Morgen
feststellen mußten, daß der neue Leichenwagen in der Nacht gegen
einen alten Leichenwagen ausgetauscht worden war. Die Heidenheimer kamen also
nachts geschlichen, um diese Freveltat zu verüben! "Des war a starks Stückle"!
Man erzählt sich, daß sie auch noch auf einem "Grombieraagger g'haust
häbet. Dia gschdolene Grombiera häbet se uff da Leichawage g'lade,
nau sei beim Überquera von dr Brenz au no d'Achs brocha..."
Das gönnten ihnen die Schnaitheimer von Herzen.
Also, der Matthes war ein braver,
fleißiger Mann, der sein Brot durch Montagearbeiten für die Firma
Voith verdiente. Er mußte aber unter der Woche weit weg von seiner Familie
arbeiten. Öfters konnte er nicht mal am Wochenende zu Hause sein.
Seiner Ehefrau hat er eingeschärft, ja niemanden während seiner Abwesenheit
hereinzulassen.
So kam es, der Matthes war wieder einmal über das Wochenende zu Hause.
Er wollte noch am frühen Sonntagabend mit dem Zug wegfahren, damit er am
Montag früh pünktlich an der Baustelle sein konnte. Er fuhr aber nicht
allein, man brauchte viele fleißigen Hände beim Aufbau diverser Maschinen.
Das Reisen war nichts Neues mehr für den Matthes und seine Spezl. Kaum
daß sie im Zug saßen fingen sie an Karten zu spielen, um sich die
Zeit zu vertreiben. Der Zug fuhr los in Richtung Aalen, er hat auch einige Male
angehalten, aber das haben die wackeren Spieler nur nebenbei wahrgenommen. In
Aalen setzte sich der Zug wieder in Bewegung, hielt einige Male an und als der
Matthes so mit halbem Auge mal rausschaute, bemerkte er: "A sotts Schloß
hent mir au"! Oh, das war peinlich, war es doch der Hellenstein, den sie erblickten.
Nichts wie raus aus dem Zug. Was war geschehen? Sie saßen im letzten Wagen
und der wurde in Aalen abgehängt und an den Zug, der nach Heidenheim fuhr,
angekoppelt. So blieb ihnen nichts anderes übrig, als sich zu Fuß
auf den Heimweg zu machen. Der Matthes mußte nach Schnaitheim. Zu Hause
angekommen, klopfte er an den Fensterladen. Von drinnen hörte er die Stimme
seiner Frau: "Wer isch dussa? I derf neamad reilasse!" Darauf der Matthes: "I
bens, dei Ma". Von drinnen tönte die Stimme wieder; "Ja, des ka jeder saga!"
So kam es, daß der gute Matthes diese Nacht auf seiner "Hausstapfl" verbracht
hat.
Daß d'Lotta in Schnaitheim
über viele Jahre als Hebamme vielen kleinen Schnaitheimern bei ihrem ersten
Schritt ins Leben tatkräftig beigestanden hat, wissen viele heute noch.
Sie hat mit ihrem Ehemann, dem Christian, auch klein angefangen, wie die meisten
von uns. Bevor die beiden ihr Häuschen bauen konnten, wohnten sie eine
zeitlang bei meiner Großmutter zur Miete.
Meine Mutter erzählte mir folgende Geschichte:
Der Christian war ein Gemütsmensch, er war fleißig, aber er hat halt
auch gern "oin g'lupft" in der "Hohen Schule". Das Wirtshaus war schräg
gegenüber vom Haus meiner Großmutter. Man hat ihm das nicht arg verübelt,
weil er, wie gesagt "a Gmiatsmensch" war.
Einmal saß er wieder in der Hohen Schule, als er einen kräftigen
Hunger verspürte. Er verlangte deshalb vom Schulwirt etwas zum Essen. Dieser
mußte den Wunsch des Christian ablehnen, weil er nichts mehr zum Essen
im Hause habe. Der Christian, nicht faul, ging nach Hause und holte den einzigen
Hasen aus dem Stall, der im Haushaltsplan als Weihnachtsbraten vermerkt war
und brachte ihn dem Schulwirt, der den Hasen auch sogleich schlachtete. Am selben
Abend, eigentlich schon spät in der Nacht, wurde der ehemalige zukünftige
Weihnachtsbraten verspeist.
Am anderen Tag, als Lotte den Hasen füttern wollte sah sie die Bescherung
und rief laut: "Frau Häring, Frau Häring, hent se des g'sea - dean
Has' ka doch bloß mei Chrischdian g'fressa hau!"
Wo heute die Fußgängerunterführung
nach unten führt und auf der rechten Straßenseite der Würzburger
Straße der Verkehr in Richtung Norden rollt, stand einst die "Hohe Schule",
man nannte das Wirtshaus allgemein "d'hoa Schual".
Zum Thema Sparsamkeit die folgende Begebenheit:
Nach dem ersten Weltkrieg soll es gewesen sein. Das Dach der Hohen Schule war
nicht mehr dicht, das Wasser drang herein. Da holte man den Dachdecker. Der
schaute sich den Schaden an und meinte dann: "dau ka ma nex mea macha, des Dach
muaß nui deckt werra." Sinnierend setzt er hinzu: "dees wurd aber duier."
Da ging die Schulwirtin auf die Bühne (Dachboden) und als sie wieder herunterkam,
machte sie ihre Schürze auf mit der Frage: "Langet dees?" Dem Dachdecker
blieb die Luft weg. In der Schürze befanden sich Goldstücke - ein
ganzer Schurz voll Goldstücke! Er sagte nur: "haushoa".
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Elvira Muschler, März 2002
in einem Projekt
der Seniorenakademie Heidenheim