Durch die Danakil-Senke

Nach Verlassen der Asphaltstraße bei Serdo führt die Piste immer nach Norden zum Salzsee Afdera. Entlang der Strecke sind überall an den Brücken besetzte Kontrollpunkte. Immer wieder überqueren Hirten in dieser kargen, einsamen Landschaft, mit ihren Herden, meist aus Ziegen bestehend, den Weg. Dieser Salzsee liegt auf Meereshöhe. An seinen Ufern wachsen Palmen. Hier am Salzsee Afdera arbeiten hunderte von jungen Menschen. Das Seewasser wird in Verdunstungsbecken gepumpt. Später wird das Salz aufgeschichtet und dann in entsprechende Säcke abgefüllt, verkauft und auf Lastwagen abtransportiert.

Salzsabbau Afdera Salzgewinnung Behausung für die Arbeiter
Salzsee Afdera Salzgewinnung Pause im Schatten

Nördlich von Afdera schwindet der staatliche Einfluß, denn hier ist das zentrale Stammesgebiet der Afar. Zwei Afarpolizisten steigen zu, um die Autorität in dieser Vulkanwüste zu repräsentieren. Sie begleiten uns mehrere Tage, solange wir in ihrem Gebiet sind. Der Weg führt immer weiter in die heiße unwirtliche Danakil-Senke hinein. Aufgrund der damals feindlichen Afar wurde sie erst spät entdeckt. 1884 verschwand eine italienische Expedition mit über 100 Mann für immer in diesem glühenden Tiefland. Auf Landkarten aus den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts findet sich eine große weite, weiße Fläche zwischen dem Hochland Äthiopiens, Eritrea, Djibouti und dem somalischen Ogaden: Danakil. Erst 1907 erfolgt die erstmalige Durchquerung des bis dahin unbekannten Danakil-Landes. Noch in den zwanziger und dreißiger Jahren war es lebensgefährlich, dieses Gebiet zu durchqueren. Auch auf heutigen Karten finden sich in diesem weiten Landstrich  nur wenige Ortsnamen. Der Weg führt über Lava, Gestein und Sand. Die Hitze wirbelt Sand auf. Dieses Bild der Windhosen begleitet uns.

Danakil-Senke
Lava Aufschüttungen
Vulkan im Hintergrund
Danakil-Senke Schwarze Lava-Aufschüttungen Vulkan an der Grenze zu Eritrea

Am Horizont stehen mächtige erloschene Vulkane. Unser Ziel ist der noch tätige Vulkan Erta Ale, der sich nur 613 m ü. M. erhebt. Die Hitze macht zu schaffen. Der Weg zum Erta Ale und der Aufstieg um 14 Uhr in dieser Glut ohne Schatten, ist sehr anstrengend. Andere Gruppen steigen in der Nacht auf. Wir erreichen den Kraterrand im letzten Tageslicht und steigen hinab in die Caldera. Hohl klingen die Schritte über die erkalteten Lavaplatten. Es riecht nach Schwefel. Im 80 m tiefen Lavasee brodelt es. Immer wieder wird gleißend gelbe Lava emporgeschleudert. Ein einmaliges Schauspiel. Der Abstieg erfolgt in der Nacht bei Vollmond zum Camp.

Aufstieg zum Erta-Ale
Im Vulkankrater
Brodelnde Lava
Aufstieg zum Erta-Ale Im Vulkankrater Brodelnde Lava

Lava, Sand, Hitze und Staub begleiten uns bis zum Salzsee Ass-Ale. Im späten Abendlicht begegnen uns Karawanen mit Salz beladen. Es sind nicht nur Dromedare, sondern auch viele Esel dabei. Die Männer ziehen zum Dorf Hamed lla. Auch hier benötigen wir einen Führer und die Genehmigung, um hinaus auf den Ass-Ale zu den hydro-thermalen Quellen von Dallol und den einzigartigen Schwefelpuddings zu fahren. Hier sind wir in unmittelbarer Nähe zu Eritrea.

Schwefelformationen von Dallol
"Schwefelpudding"
Schwefelformation
Schwefelformationen von Dallol Schwefelformation "Schwefelpudding"

Weit führt die Strecke hinaus auf dem Salzsee Ass-Ale bis in den Nordosten. Wir befinden uns 100 m unter dem Meeresspiegel. Genächtigt wird auf Salz. Die Dämmerung bricht schnell herein und schon ist es dunkel. Ein Höhepunkt am nächsten Morgen im ersten Licht ist der Aufstieg zu den einmaligen hydrothermalen Quellen von Dallol. Einzigartige Farben und Formen leuchten und bedecken dieses Gebiet. Exponate einer urtümlichen Aktivität unserer Erde. Je höher die Sonne steigt, umso unbarmherziger brennt sie in diesem schattenlosen Gebiet.

Salzsee
Dromedare und Esel vor der Beladung
Salzkarawane
Salzsee Ass-Ale Dromedare und Esel vor der Beladung Salzkarawane auf dem Weg ins Hochland

Der Salzabbau auf dem Ass-Ale erfolgt mittels langer Stangen. Die Salzschollen werden herausgebrochen und anschließend bearbeitet. Hunderte von jungen Männern stehen teils im knietiefen Wasser und behauen die Platten zu rechteckigen Barren, den "Amole". Andere schichten sie auf, um sie anschließend zu bündeln. Aufseher stehen zwischen den Arbeitenden und die Dromedare ruhen auf dem Salz, während die Esel stehen.
Später ziehen die mit Salz beladenen Karawanen hinauf ins Hochland (2000 ü. M.) zum Beispiel nach Mekele.

Ass-Ale Bearbeiten der Salzplatten Bündelung für den Transport
Salz wird mit Stangen gebrochen Bearbeiten der Salzplatten Bündelung für den Transport

Auch unser Weg führt hinauf ins Hochland nach Mekele in das Gebiet der Tigray. Getreide wird terrassenförmig angebaut. Jetzt Anfang November ist die Zeit der Ernte. Die Straße windet sich an den Bergrücken entlang. Stunden um Stunden fahren wir durch dieses Gebiet. Teils ist die Straße geteert, dann wieder Naturpiste. In den Orten gehen unzählige Menschen auf der Straße. Es wird dunkel. Das Licht der Autos ist schwach und all die Menschen und Tiere, welche unterwegs sind - auch an Baustellen - lassen nur langsames Fahren zu. Die einfachen festen Unterkünfte haben sehr viele Mängel. Manch einer von uns trauert den vielen Nächten auf einer Matte unter dem Sternenhimmel nach.
Die Straße schraubt sich immer tiefer vom Hochland hinab nach Bati und Semera. Unterwegs verlassen uns die beiden jungen Afarpolizisten. Einer davon hatte ständig eine "dicke Backe" vom Khat-Kauen.

Khat-Verkauf Straßendorf im Hochland Tigray-Frau
Khat-Verkauf Straßendorf im Hochland Tigray-Frau

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Erta Ale: www.vulkane.net/vulkane/erta/ertasteckbrief.html | http://www.v-e-i.de/german/vulkane/ethv.html
Khat: http://de.wikipedia.org/wiki/khatstrauch

Text, Fotos und Webseite: Ursula Schmid; März 2007