Die Maori-Kultur

 

Wenn man so manche Maori-Männer beim Haka, dem Furcht einflößenden Kriegstanz beobachtet, glaubt man gern, dass die Vorfahren dieser energiegeladenen Kraftpakete den Ozean über Tausende von Kilometern durchgepaddelt haben auf der Suche nach einer neuen Heimat. Vor rund 1000 Jahren sollen sie diese Marathonreise auf sich genommen haben, von dem legendären Land Hawaiki aus, das irgendwo im pazifischen Raum gelegen haben muss.

Ihr Äußeres, ihre Mythologie, Sprache, Sitten und Gebräuche lassen auf eine polynesische Abstammung schließen. Aber sicher ist keiner. Einig sind sich die Wissenschaftler lediglich darin, dass die Landung in Neuseeland kein Zufall war. Denn die Maori hatten exzellente, den Sternenhimmel einbeziehende Navigationskenntnisse, die es ihnen ermöglichte, den Kurs zu halten. Die einfachen, aus Baumstämmen gefertigten Kanus waren beladen mit Früchten, Gemüse und Kokosnüssen, deren Saft anstelle von Wasser den Durst löschte. Mit Nutzpflanzen und Tieren kamen sie in das Land der Weißen Wolke, so nannten sie ihre neue Heimat. So kamen 40 verschiedene Stämme, die sich gegenseitig bekriegten, denn sie waren nie ein „einzig Volk“. Alle Maori besaßen aber eine gemeinsame Abstammung, glaubten an die gleichen Götter und stimmten in ihren Denkweisen überein. Immer noch basiert bis heute das Gesellschaftssystem der Sippe, jeder für jeden.

Als Anfang des 19. Jahrhundert die ersten Europäer das Land betraten, lebten 100 000 Maori, Naturvölker auf Steinzeitniveau, aber mit phänomenalen Instinkten und Fähigkeiten. Waffen wurden aus dem Greenstone, ein jadeähnliches Gestein, hergestellt. Die Menschen kleideten sich in aus Pflanzenfasern gewebten Umhängen, verziert mit Federn und Muscheln. Üblich waren Tätowierungen im Gesicht, meist  Mund- und Kinnpartie. Die Missionare hatten ein leichtes Spiel bei den Menschen, die ein tiefes religiöses Bewusstsein hatten und denen Nächstenliebe und Ehrfurcht wichtige Werte waren.

1858 lebten schon mehr weiße Einwanderer in Neuseeland als Maori. Die eingeschleppten Epidemien und blutige Kämpfe mit den neuen Siedlern forderten viele Opfer bei den Einheimischen.

Nahe der Mündung des Waitangi River versammelten sich am 5.Februar 1840 der Gouverneur William Hobson und 46 Maori-Häuptlinge zur Unterzeichnung eines Vertrages, der das friedliche und gleichberechtigte Zusammenleben von weißen Siedlern und Maori sichern sollte. Mit dem „Treaty of Waitangi“ war der Staat Neuseeland geboren.

Dass heute noch ein Maoritum existiert, ist weitgehend einer in den 1970er Jahren einsetzenden Wiederbelebung der Maorikultur zu verdanken. Ganz besonders wichtig war es, die Sprache wieder zu beleben. Heute lernen 30 000 Vorschulkinder, darunter viele Weiße, Maori  in 850 so genannten Sprachnestern, weitere 20 000 werden in regulären Grundschulen unterrichtet. Maori und Englisch sind Staatssprache.

Mit dem Tourismus kam auch die Erkenntnis, dass mit der Maorikultur gutes Geld zu verdienen ist, besonders um Rotorua. Inzwischen sind immer mehr Maori-Sippen dazu übergegangen, Touristen zu Hangi und Folklore in ihre Marrae zu führen, ein Gelände mit einem spitzgiebeligen Versammlungshaus, das ansonsten für Fremde tabu ist.

Bei einem Gespräch mit einem Maori gab er auf die Frage der Gleichberechtigung die Antwort, dass sie nach wie vor als zweitklassig behandelt werden mit den entsprechend verminderten Chancen auf einen Arbeitsplatz. In Australien wären die Maori besonders geschätzt, denn sie gelten dort als gute Arbeitskräfte. Deshalb streben viele junge Maori auf den nahen Kontinent, um den Unterhalt für sich und die Sippe zu bestreiten. Eine gerade anwesende Australierin bestätigte diese Aussage.

(Auszüge aus dem Reiseführer Polyglott Neuseeland)

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