Die Verbindung von Kulturkreisen bewirkt neue Blüte

Zwei herausragende Beispiele und Persönlichkeiten.

Durch Kalif  Al-Mamún wird der Hellenismus zum Fundament der  islamischen Hochkultur

Die islamische Hochkultur des frühen Mittelalters, die das Wissen der christlichen Länder weit überragte, ist ein beeindruckendes Phänomen. Die Frage ist, auf welcher Grundlage sie sich entwickeln konnte, da die einfache Kultur Arabiens, aus der die muslimischen Reiterheere kamen, nicht der entscheidende Ausgangspunkt gewesen sein kann. Was sie eroberten, waren hochzivilisierte hellenistische Kulturländer von Ägypten und byzantinischen Reichsteilen bis nach Persien.   

Dem großen Kalifen Al-Mamún ist es zu verdanken, dass die hellenistische Hochkultur ins Arabische übertragen wurde. Zu diesem Zweck schuf er in seiner Residenzstadt Bagdad das „Haus der Weisheit“, eine frühe Form von Universität. Dafür  holte er viele christliche, jüdische und zoroastrische Professoren aus den neu gewonnen hellenistischen Kulturzentren, schaffte karawanenweise wissenschaftliche Bücher von Persien, Syrien und Ägypten heran und organisierte mit Hunderten von nicht-islamischen Gelehrten eine Übersetzungstätigkeit aus dem Griechischen, Syrischen und Aramäischen ins Arabische. Über mehrere Generationen wurde sie danach noch weitergeführt.  Auf dieser Grundlage erweiterten wiederum muslimische Gelehrte das Wissen der antiken Welt in Medizin, Technik, Mathematik, Philosophie, Astronomie und Chemie und schufen so eine neue Hochkultur.  

Albertus Magnus überträgt  antik-griechisches Denken  in die christliche Philosophie

Der Dominikanerpater Albert von Lauingen erhielt den seltenen Beinamen „der Große“ weniger für seine philosophisch-theologischen Lehrinhalte als Professor der Pariser Universität. Der Grund liegt  zweifellos in der Bewunderung für  seine naturwissenschaftlichen Beobachtungen und Sammlungen, die in der Zeit des Hochmittelalters ungewöhnlich waren und worin er seiner Zeit um 200 Jahre voraus war.

Seine bleibende Leistung für die weitere Entwicklung des Denkens im christlichen Europa aber ist die Übernahme der antiken griechischen Wissenschaft in die christliche Philosophie.  Albert benutzt als einer der ersten die aus dem maurischen Spanien neu übersetzten Schriften von Aristoteles, Platon und anderen heidnischen Schriftstellern und baut sie in das christliche Gedankengebäude ein. Selbstverständlich hat sein Schüler Thomas von Aquin ihn dabei noch übertroffen, aber Albert mit seiner großen Autorität legte die Grundlage für die Akzeptanz heidnischer Denker in der christlichen Welt. Damit überwand er die Gefahr eines weltanschaulichen Bruches und bewirkte eine fruchtbare Einheit in Europas Geschichte von der heidnischen Antike bis in unsere Gegenwart.

Albert war zu seiner Zeit vor Papst und König die größte Autorität Europas. Um seine Persönlichkeit sichtbar zu machen, werden auch seine Fußmärsche von weit über 10.000 km angesprochen, seine häufig gesuchte Tätigkeit als Konfliktschlichter und sein ungeheurer Fleiß im Schreiben auch abends an Übernachtungsstellen auf seinen Wanderwegen zwischen Köln, Paris, Rom, Lyon, Antwerpen oder Regensburg.