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103. Deutscher Wandertag 2003 im Erzgebirge

Es ist schon gute Tradition, daß der Donau-Brenz-Gau des Schwäbischen Albvereins an den alljährlichen Deutschen Wandertagen teilnimmt. Der 103. Deutsche Wandertag fand im Juli 2003 in Schwarzenberg im Erzgebirge statt.

45 Mitglieder aus den Ortsvereinen Heidenheim, Nattheim, Herbrechtingen, Sontheim, Hürben und Bächingen machten sich zum 23. mal unter der Leitung von Elfriede Hezel am 22. Juli auf den Weg. Die Woche vor der Hauptveranstaltung am Sonntag wird immer dafür genutzt, die Umgebung des Veranstaltungsortes kennen zu lernen.

Zum Programm gehörte auch eine Stadtführung in Zwickau.
Die Stadt ist konfrontiert mit einer Arbeitslosigkeit von ca. 16%, mit einem Bevölkerungsrückgang um 26 000 auf ca. 100 000 Einwohner seit der Wende 1989. Beeindruckt hat der ehrwürdige Dom ebenso wie ein ganz modernes Einkaufsviertel. 5 100 Arbeitsplätze sind in einem neuen Automobilwerk entstanden.

Auf der Weiterfahrt hinein ins Erzgebirge erinnerte die herrliche Landschaft sehr an unsere Schwäbische Alb: weite Höhenrücken mit markanten Bergen zwischen 600 und 800 Metern, Wälder und goldgelbe Kornfelder und dann wieder liebliche Täler. Und der Untergrund ist ausgehöhlt wie auf der Schwäbischen Alb. Hier von den Kräften der Natur, dort von vielen Generationen von Bergleuten. Die stattlichen Häuser und Gebäude, Dome, Kirchen, Schlösser und Burgen zeugen vom einstigen Reichtum der Region, vor allem dem Silber. Dieses Silber ermöglichte den sächsischen Herzögen, wie auch August dem Starken, die aufwändige Hofhaltung, stellte es doch ein Viertel des Staatshaushaltes.

Beeindruckende Zeugen dieses Wohlstandes sind die St.-Annenkirche in Annaberg und St. Wolfgang in Schneeberg, mit einem überwältigenden Flügelaltar von Lukas Cranach d. Ä.

Schloß Wolkenstein war ein weiteres Ziel und Ausgangspunkt für eine größere Wanderung. Die Wanderungen standen unter dem Zeichen strahlenden Sonnenscheins. Nur einmal wurde die Wandergruppe von einem Regenguß überrascht und erreichte triefend naß Schloß Scharfenstein, mit seinem schönen Museum erzgebirgischer Holzschnitzkunst.

Der Bergbau bestimmte 500 Jahre das Leben, die Wirtschaft und die Kultur dieser Region. Einen guten Einblick in diese Verhältnisse erhielten die Reiseteilnehmer im wesentlichen durch Herrn Wolfgang Ranft, kompetenter Reiseleiter vor Ort, Vollblutbergmann i. R. mit großer Liebe zu seiner erzgebirgischen Heimat und Mundart. Im Hammerwerk und der Saigerhütte Olbernhau wurde seinerzeit aus 150 Tonnen Erz eine Tonne Silber gewonnen. Das ebenfalls anfallende Kupfer wurde auf dem primitiv anmutenden Hammerwerk bis auf 3 Hundertstel Millimeter ausgetrieben. Wie das Erz gewonnen wurde, veranschaulicht das Schaubergwerk "Tiefer Molchner Stolln" in Pobershau.
Der Bergmann war pro Schicht 12 Stunden unter Tage. Zu seiner Ausrüstung gehörten 30 Eisen, das sind die Meißel mit Stiel, und ein Schlägel. Die Anmarschwege waren oft erheblich; und nach der Schicht noch der Gang zum Schmied um die Eisen wieder zu schärfen.
Der Bergmann lebte im wesentlichen im Dunklen. Deshalb hatte Licht für ihn eine alles überragende Bedeutung. So schmückte er in der Weihnachtsschicht den Stolleneingang mit Grubenlampen.

Dieses Bild findet sich in den uns allen bekannten Schwibbögen wieder. Denn mit der Einstellung des Bergbaues Anfang des 19. Jahrhunderts, fiel seine jahrhundertelange Lebensgrundlage weg. Die Menschen des Erzgebirges wurden bitter arm.
Mit dem Schnitzen der bekannten Figuren, im besonderen Nußknacker, Weihnachtsengel und Schwibbögen, versuchte man sich zu ernähren. Unzulänglich seinerzeit.
Der Run auf Schnitzereien aus dem Erzgebirge setzte erst in heutiger Zeit ein; vor allem in Seiffen.
Die Schnitzer in Seiffen hatten offensichtlich sehr bald die Chance und den Nutzen eines großen Bekanntheitsgrades erfaßt, und ihre Produkte mit großem Erfolg vermarktet.

Großartige Meister erzgebirgischer Schnitzkunst gibt es auch in vielen anderen Orten im Erzgebirge. Davon konnte sich die Reisegruppe auch in Pobershau überzeugen. Hier hat Gottfried Reichel in seiner Schnitzwerkstatt packende Figuren geschaffen, Gestalten aus der Bibel oder dem Warschauer Ghetto, denen er gleichsam Leben eingehaucht hat.

Musik und Humor des Erzgebirges erlebten die Teilnehmer bei einem Bunten Abend in Schneeberg. Von großer Musik zeugte die einstige Werkstatt des Orgelbauers Gottfried Silbermanns in Freiberg und das Museum in Frauenstein. Die gut erhaltene Burgruine Frauenstein neben dem Museum gewährt einen weiten Blick ins Land.

Der Festzug am Sonntag in Schwarzenberg bei strahlendem Sonnenschein mit 9 000 Teilnehmern und 16 Kapellen, die allerdings nicht sonderlich in Erscheinung traten, war ein würdiger Abschluß des 103. Deutschen Wandertages.

Willi Pilz, Februar 2005

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