Guanchen, Verlierer der Geschichte
Basilika "Zur lichtbringenden Madonna" in Candelaria.
Vor der Basilika, direkt am Meer, stehen die Bronzestatuen der Guanchenkönige.
Tinerfenos haben es nicht gern, wenn man sie als Spanier bezeichnet.
Sie verstehen sich als Canarios, abstammend von den Altkanariern, Guanchen,
genannt und Festlandspaniern. Wer waren diese Guanchen, die die
kanarischen Inseln bevölkerten, als Portugiesen und Spanier dort im
13./ 14. Jahrhundert auf Teneriffa landeten?
Viel
weiß man nicht über die hochgewachsenen, hellhaarigen
Ureinwohner, denn zu den siegreichen spanischen Eroberern gehörten
nur Soldaten und Missionare, keine Chronisten. Sicher ist, dass die
Guanchen mit den nordafrikanischen Berbern verwandt waren. Vermutlich
kamen sie bereits um 1000 v. Ch. in mehreren Siedlungsschüben von
Noradafrika in Binsenbooten auf die Kanaren. In ihrer Heimat ging
die Fertigkeit, Boote zu bauen, freilich verloren, sodass über die
Inseln hinweg kein Kontakt gehalten wurde. Gleichwohl entwickelte
sich überall eine gleichartige bäuerliche Kultur. Die
Guanchen züchteten Ziegen, Schafe und Schweine, bauten Gerste,
Weizen und Hülsenfrüchte an. Kleidung und Schuhe
fertigten sie aus Tierfellen, Metallverarbeitung war unbekannt. Als
Wohnstätten und Vorratskammern bevorzugten die Guanchen kühle
Berghöhlen, es wird auch von einzelnen Hüttendörfern
berichtet.
Sozial organisierten sich die Altkanarier in Stämmen
unter einem König, dem Mencey. Legendären Ruhm genießt
der Mencey Tinerfe, der angeblich die gesamte Insel unter seiner
Herrschaft vereint hatte und sie von Adeje aus kontrollierte. Nach
seinem Tod wurde das Reich jedoch unter seinen Söhnen aufgeteilt.
Als die Spanier im 15. Jahrhundert Teneriffa erobern wollten, fanden
sie neun untereinander zerstrittene Könige vor, denen es nicht
gelang, sich gegen die Eindringlinge zusammenzuschließen. Bekannt
wurde Anatervo, der Mencey von Güimar, der mit den christlichen
Neuankömmlingen kooperierte, und sein Amtskollege Bencomo von
Taoro bei La Orotava, der den Spaniern militärischen Widerstand
entgegensetzte. Doch keine dieser Strategien konnte das Überleben
der Guanchen gewährleisten. Nach wechselndem Kriegsglück
siegte Alonso Fernandes de Lugo 1495 bei La Victoria endgültig
über die tinerfenischen Ureinwohner. Die Überlebenden der
Kriege vermischten sich schnell mit den spanischen Siegern und nahmen
deren Religion an.
So ging innerhalb kürzester Zeit eine
einzigartige Kultur zugrunde, die reicher und vielschichtiger gewesen
sein muß, als man lange Zeit annahm. Man fand z. B. Schädel,
die deutliche Spuren einer Trepanation (Aufbohrung des Schädels
zur Heilung) aufweisen. Auch mumufizierten die Guanchen ihre Toten, was
auf den Glauben an ein Weiterleben nach dem Tode hindeutet.
Text: ADAC Reiseführer Teneriffa, Foto: Christa Miola, Februar 2006
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